Meine sehr verehrten Damen und Herren,

auch für das Jahr 2012 wird uns vom Magistrat der Stadt Heusenstamm ein Haushaltsentwurf präsentiert, der wieder ein hohes Defizit ausweist. Zieht man die Sonderzuweisung des Landes ab, so liegt das Defizit nur € 200.000,– unter dem des Vorjahrs, weit entfernt von früheren Ergebnissen, als die Stadt Heusenstamm sich noch Rücklagen erwirtschaften konnte und keine Schulden hatte.

Sind allein strukturelle Gründe für unser Haushaltsdefizit maßgebend?

Wir hörten in der Haushaltsrede unseres Kämmerers, dass überwiegend strukturelle, von außen auf uns einwirkende Faktoren für das Haushaltsdefizit maßgebend sind. Dies klingt so, als ob die Stadt Heusenstamm den Entscheidungen des Bundes- und Landesgesetzgebers hilflos ausgesetzt ist und aus eigener Kraft an diesem Defizit nichts ändern kann. Wir können diese Einschätzung nicht teilen. Zwar ist es richtig, dass kommunale Einnahmen, insbesondere das Gewerbesteueraufkommen in den letzten Jahren rückläufig sind, die Kreisumlage ständig erhöht wird und auch gesetzliche Vorgaben, wie die U 3- Betreuung, den städtischen Haushalt zunehmend belasten. Dennoch vermissen wir in dem Haushaltsentwurf grundlegende Einsparungsbemühungen. Wir verkennen nicht, dass in zahlreichen Teilbereichen Schritte erkennbar sind, die auf eine Ergebnisverbesserung dringen. So sind für 2012 weniger Sach- und Dienstleistungen als für das Jahr 2011 vorgesehen, die freiwilligen Leistungen, insbesondere für Vereins- und Sportförderung, sind etwas zurückgefahren worden und auch Investitionsentscheidungen sind nicht so üppig ausgefallen wie in den Jahren zuvor.

Diese Schritte sind jedoch unseres Erachtens nicht ausreichend und sind keineswegs geeignet, auf eine grundlegende Sanierung des Haushalts hinzuwirken. Wie hieß es so schön in der Haushaltsrede: „Wir müssen den Mut haben, Entscheidungen zu treffen, die für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt belastend sind, und müssen den Mut haben, die Zukunft unserer Kinder nicht mit unseren Schulden zu belasten.“

Diesen Appell unterstützen wir nachdrücklich; wir sehen jedoch in dem Haushaltsentwurf keine mutige, sondern eher eine verzagte Entscheidung, um möglichst wenigen auf die Füße zu treten.

Niedrige Gewerbesteuer

Fangen wir mit den städtischen Einnahmen an: Wir hören fortwährend im Verlauf der letzten zwei Jahre, dass die Gewerbesteuereinnahmen unserer Stadt sinken, während in anderen Kommunen, gerade im letzten Jahr, deutlich höhere Gewerbesteuereinnahmen generiert werden konnten. Investoren haben zwar bei uns angeklopft, sich letztlich aber in unseren Nachbarkommunen niedergelassen, so dass bei uns Gewerbegebiete ungenutzt liegen bleiben und Industriebrachen fortbestehen. Diese wenig erfreuliche Entwicklung hat uns als FDP- Fraktion veranlasst, im Herbst dieses Jahres eine Große Anfrage an den Magistrat zu richten. Wir haben die Frage gestellt, wie sich die Gewerbesteuereinnahmen im laufenden Jahr im Vergleich zu unseren benachbarten Kommunen im Landkreis Offenbach entwickelt haben und welches die Gründe für die schlechte Entwicklung im Vergleich zum Schnitt aller Kommunen im Landkreis Offenbach sind.

Die Antwort des Magistrats lautete: „Der Finanzverwaltung liegen keine Vergleichszahlen anderer Kommunen des Landkreises Offenbach vor. Es ist uns auch unklar, wie ein Vergleich dargestellt werden sollte, wenn wir Zahlen von unseren Nachbarkommunen erhielten, was durchaus fraglich ist.“ „Ein statistischer Vergleich zu den Nachbarkommunen in punkto „Vermittlungsmöglichkeiten“ steht nicht zur Verfügung.

Die Erläuterungen des Magistrats gipfelten dann in der Einschätzung: „Die weltwirtschaftlichen Verhältnisse und das freie Spiel der Kräfte beeinflussen die Niederlassung von Gewerbebetrieben in hohem Maße. Diese „schicksalshaften Bedingungen lassen das Erzwingen von Ansiedlungen nicht zu.“

Diese Antwort…was soll man dazu sagen?. Um es vorsichtig auszudrücken, wir fanden sie recht kümmerlich!

Wir sind der Auffassung, dass wir dem Schicksal keineswegs so hilflos und fatalistisch ausgesetzt sind, um nicht doch aus eigener Kraft etwas mehr bewirken zu können. Wenn es schon so ist, dass wir im Vergleich zu unseren Nachbarkommunen deutlich zurückbleiben, dann sollte doch ein verstärktes Bemühen um Investoren und Ansiedlungen oberstes Gebot sein! Es ist durchaus möglich, Vergleiche mit unseren Nachbarkommunen anzustellen –das ist auch nicht so schwer!!- wir müssen uns mit den Ursachen der Unterschiede mehr auseinandersetzen und für unsere Stadt daraus die Lehren ziehen! Warum zieht Tegut nicht nach Heusenstamm sondern nach Dietzenbach und Seligenstadt?

Schwimmbad

Wir Liberale waren im Jahre 2006, ebenso wie die Freien Wähler, mehrheitlich der Auffassung, dass wir uns in Heusenstamm angesichts der Gegebenheiten und des zu erwartenden jährlichen Betriebsverlustes kein Hallen-Schwimmbad, jedenfalls keine so aufwendige Sanierung leisten können. Im Jahre 2006 wurde uns eine sogenannte „konservative“ Rechnung vorgelegt, nach der bei einer Gesamtinvestition von ca. € 6,5 Millionen ein niedrigerer Betriebsverlust jährlich zu erwarten ist, als bei der damaligen Situation. Wir erinnern uns: Bis 2006 erwirtschaftete das Schwimmbad einen jährlichen Betriebsverlust von ca. € 800.000,–. Unsere Stadtväter versicherten uns: „Der Betriebsverlust, selbst wenn wir äußerst konservativ rechnen, wird keinesfalls höher als € 750.000,– pro Jahr ausfallen, wahrscheinlich wird er aber deutlich niedriger, da ja auch mit deutlich höheren Besucherzahlen zu rechnen ist.“ Wenn wir uns nun den Haushalt anschauen, so reiben wir uns verwundert die Augen: Sowohl für das Jahr 2011 als auch für das Jahr 2012 ist ein Betriebsverlust von über € 950.000,– eingestellt. Hätten wir nicht zwischenzeitlich durch den EVO-Vertrag die kostenfreie Energielieferung bekommen, läge der Betriebsverlust schon weit über € 1 Mio. und damit um über 40 % höher, als die uns damals zugesicherte „absolut unwahrscheinliche ungünstigste“ Variante. Jetzt haben wir noch nicht einmal ein Jahr hinter uns mit den neugierigen Erstbesuchern. Wenn diese dann in den nächsten Jahren uns abhanden kommen, werden wir bald einen doppelt so hohen jährlichen Betriebsverlust wie vor der Sanierung erwirtschaften. Wir hatten das damals im Jahr 1996 vorausgesehen und befürchtet, aber man wollte auf uns nicht hören und das Schwimmbad unbedingt haben! Welchen Schluss ziehen wir daraus? Entweder die Stadt hat 2006 falsch gerechnet oder betreibt heute das Schwimmbad nicht gut. In jedem Fall sollte nach unserer Auffassung eine professionelle Betreibergesellschaft das Schwimmbad führen, um die Verluste nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.

Sportförderung

Richtig wird im Haushaltssicherungskonzept dargestellt, dass Aufwendungen für Sportförderung dann als angemessen angesehen werden, wenn diese 1,5 % der Gesamtaufwendungen des Haushaltsjahres nicht übersteigen. Bei einem Gesamtausgabevolumen von € 33.773.462,– wären hiernach Aufwendungen für Sportförderung in Höhe von € 506.000,– angemessen. Tatsächlich geben wir in Heusenstamm aber über € 1.8 Mio für diese Sportförderung aus und überschreiten damit diesen Richtsatz um mehr als das Dreifache. Können wir uns das weiterhin auch für die nächsten Jahre leisten?

Die aufgrund eines gemeinsamen Antrags von CDU- und FDP- Fraktion im Jahre 2010 eingeleiteten Maßnahmen, die Sportförderung gegenüber den Vereinen zurück zu fahren, sind unseres Erachtens zu zaghaft. Nachfragen haben ergeben, dass bei den direkten Zuschüssen vielleicht € 50.000,– jährlich eingespart werden, bei den indirekten Zuschüssen (durch Beteiligung der Vereine an Mietkosten, Heizkosten usw.) werden vielleicht nochmals € 50.000,– bis € 60.000,– eingespart. Wenn hier nicht einschneidendere Maßnahmen geplant und durchgesetzt werden, verfehlen wir die Konsolidierungsziele bei weitem und müssen uns dann in Zukunft von unseren Kindern die Frage gefallen lassen: Warum habt Ihr nicht damals mehr gespart? Wir können uns jetzt im Jahre 2025 kein Schwimmbad mehr leisten, keinerlei Sporthallen und Fußballplätze werden mehr von der Stadt bezahlt, unterhalten und hergerichtet. Wäret Ihr damals, als ein großes Haushaltsdefizit bestand, sorgsamer mit Euren freiwilligen Leistungen umgegangen, dann hätten nicht zahlreiche Sporteinrichtungen geschlossen werden müssen!

Maßnahmen wie die geplante Schließung der Handballhalle Am Forst gehen in die richtige Richtung, sie sind jedoch nicht ausgewogen genug, da sie nur einseitig einen Verein belasten, andere Vereine aber weitgehend ungeschoren lassen!

Liegenschaften

Bereits bei unserer Haushaltsrede im letzten Jahr hatten wir darauf hingewiesen, dass die 70 im städtischen Eigenbesitz stehenden Wohnungen unwirtschaftlich geführt werden. Angesichts des nun sich ständig verfestigenden Haushaltsdefizits müssen wir erneut die Frage aufwerfen, sich entweder von einem Großteil der Liegenschaften zu trennen, oder aber sie durch ein professionelles Facility- Management führen und betreiben zu lassen.

Personalkosten

Mit Erstaunen, ja lähmendem Entsetzen, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass trotz leerer Haushaltskassen, trotz aller Sparbeteuerungen sich die Personalkosten für das Jahr 2012 um € 680.000,– damit um satte 7,5 % erhöhen sollen. Ganze 10 Stellen werden gegenüber dem Ansatz 2011 neu eingeplant. Wie hatten wir im vergangenen Haushaltsjahr um diesen Punkt mit unserem Kooperationspartner gerungen! Uns wurde damals erklärt, dass man sich ehrlich bemühe, die Verwaltungskosten, insbesondere Personalkosten in Anbetracht des Haushaltsdefizits herunterzufahren. In der Tat konnten 2011 im Vergleich zu 2010 die Personalkosten um € 150.000,– gesenkt werden. Es wurde auch eine Stelle weniger ausgewiesen. Statt 154 Stellen gab es im Stellenplan 2011 nur noch 153 Stellen. Jetzt, ein Jahr später, bei immer noch hohem Haushaltsdefizit, ist es offenbar mit dem Sparkurs unseres Magistrats bei den Personalkosten vorbei. Allein 5 dieser 10 neu geschaffenen Stellen entfallen auf unsere allgemeine Verwaltung im Rathaus. Es wurde erklärt, dass einige Mitarbeiter in den vorzeitigen Altersruhestand gingen und deshalb Ersatz geschaffen werden müsse. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das weiß man vorher, ob und wann Leute in Altersteilzeit gehen. Dann muss eben so disponiert werden, dass man sich bis zum endgültigen Ausscheiden anderweitig behilft. Wenn einige Leistungen einmal vorübergehend nicht erbracht werden können mangels Mitarbeitern, dann müssen diese Arbeiten notfalls liegenbleiben bis der ausgeschiedene Mitarbeiter ersetzt wird. Eine neue Stelle darf allenfalls dann geschaffen werden, wenn feststeht, dass bei Beendigung der passiven Phase der Altersteilzeit diese Stelle dann auch nicht nochmals ersetzt wird. Wir befürchten, dass es bei der höheren Stellenzahl bleibt und wir im nächsten Jahr nochmals Personalkostensteigerung präsentiert bekommen.

Ich erinnere mich, als wir im letzten Jahr das Konsolidierungskonzept diskutierten, als unser Kooperationspartner, die CDU, auf unsere Forderung eines absoluten Einstellungsstopps partout nicht eingehen wollte, da stand der neue Koalitionspartner, die SPD, schon bereit und erklärte: „Mit uns wird es wieder mehr Mitarbeiter und mehr Einstellungen geben. Wir, die SPD, sind gegen das Konsolidierungskonzept, nicht weil zu wenig sondern zuviel an Mitarbeitern und Personalkosten gespart wird. Wir wollen, dass die Mitarbeiter mehr Geld verdienen und neue Stellen bei der Stadt geschaffen werden. Offensichtlich interessiert die SPD wenig, ob die Stadt dadurch weitere neue Schulden für die Zukunft auftürmt.

Mit aller Deutlichkeit möchten wir betonen, dass wir diese Ausweitung des Mitarbeiterstandes in der Verwaltung für nicht tragbar halten!

Kosten für Kinder- Betreuungseinrichtungen

Wir verkennen nicht, dass aufgrund der gesetzlichen Lage mehr Betreuungsaufwand für Kindergarten- und Kinderbetreuungseinrichtungen auf die Kommunen zukommt. Dass hierbei fünf weitere Mitarbeiterinnen eingestellt werden, ist dann hinnehmbar, wenn man sich gleichzeitig aber auch darum bemüht, entsprechend gegenzusteuern und für höhere Einnahmen zu sorgen. Die gesetzlichen Vorgaben für eine Vorhaltung von U 3- Betreuung verpflichten die Gemeinden doch nicht, dies alles kostenlos und ohne Gegenleistung der Bürger zu bewerkstelligen: Sicherlich ist das die Wunschvorstellung der SPD aber diese Entwicklung läuft auf unabsehbare und ungebremste Personalkosten zu, die wir doch nicht sehenden Auges einfach akzeptieren können. Wir vermissen im Haushalt 2012 eine spürbare Erhöhung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuungseinrichtungen. Hat sich etwa auch hier die SPD durchgesetzt und dafür plädiert, mehr Erzieherinnen einzustellen aber die Gebühren nicht zu erhöhen?

Gemeinsam mit den Freien Wählern haben wir einen Prüfantrag auf den Weg gebracht, der zweierlei Ziele verfolgt: Wir wollen einerseits einen deutlich höheren Beitrag der Eltern für vorbildliche und qualitativ verbesserte Kinderbetreuung in Heusenstamm erreichen; andererseits wollen wir aber einkommensschwächere Eltern, insbesondere auch Alleinerziehende, nicht höher als bisher belasten. Wir sehen es jedoch nicht ein, wenn ein gut verdienendes Elternpaar sein Kind oder seine Kinder in eine Ganztags-U3- Betreuung schickt zu einem Tarif von ein paar Hundert Euro pro Monat, während dieses Elternpaar gern und problemlos das Doppelte oder Dreifache für eine sehr gute Betreuung bezahlen würde, wenn man es denn nur verlangt. Warum sollte man besser verdienende Eltern denn nicht deutlich höhere Beiträge zahlen lassen? . Die SPD wirft uns, den Liberalen in jeder Beziehung soziale Kälte und Ungerechtigkeit vor. Meine Damen und Herren, was ist an diesem Vorschlag sozial ungerecht? Dass der Haushalt 2012 nur erhöhte Personalkosten für die Kinderbetreuung vorsieht, aber keinerlei höheren Erträge, halten wir für ein schweres Versäumnis!

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

wir haben deutlich gemacht, dass wir sowohl im Haushaltsentwurf für das Jahr 2012 der Stadt als auch im Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2012 einschneidende Einsparbemühungen und auch –abgesehen von der Grundsteuererhöhung, die wir begrüßen- gesteigerte Erträge vermissen; auch der Konsolidierungsplan ist trotz zaghafter Bemühungen nicht geeignet, das Defizit ernsthaft anzugehen. Wir können jedenfalls nicht den angekündigten Mut erkennen, das sich verfestigende Defizit durch gravierende Einsparmaßnahmen zu bekämpfen. Aus diesem Grund werden wir sowohl den Haushalt als auch den Wirtschaftsplan und auch das Konsolidierungskonzept ablehnen.

Ich danke Ihnen.

#

Kommentare deaktiviert