Zuhörerschaft des Neujahrsempfangs der Freien Demokraten im Kleinen Schlösschen.

Ansprache des Orts- und Fraktionsvorsitzenden Uwe Klein

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

zu Beginn unseres Empfangs möchte ich Ihnen für das noch junge Jahr 2019 persönlich alles Gute, Glück und Erfolg, Gesundheit, Zufriedenheit und Gottes Segen wünschen.

I. Politisch und auch wirtschaftlich leben wir durchaus in einer spannenden Phase. Wem das zu positiv klingt, in einer Phase, die allerhand Herausforderungen an uns stellt.

1. Vor allem China und Russland zeigen sich aggressiv nach außen bei der Erweiterung ihrer Einflussbereiche und nach innen bei der Absicherung ihrer Macht gegenüber der eigenen Bevölkerung. Unser bislang wichtigster Bündnispartner, die USA, sucht unter seinem gegenwärtigen Präsidenten das Heil, indem sich das Land erklärterweise auf sich selbst und seine Vorteile konzentrieren will. Dass für eine Beziehung der gegenseitige Nutzen von größter Bedeutung ist, glaubt man offenbar ignorieren zu können.

Einer Dokumentation des Senders Arte vom 9. Oktober zufolge steckt hinter dem Wahlkampf von Donald Trump die gleiche Beeinflussungsmaschinerie, die zuvor ihre Feuertaufe beim Brexit bestanden hat. Potenzielle Trump-Wähler wurden mit auf ihre Persönlichkeit zugeschnittenen Botschaften bombardiert – und das weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Inhalte waren falsch oder mehr als fragwürdig. Außerdem waren sie nicht dauerhaft dokumentiert und somit kaum einer Entgegnung zugänglich. So können digitale Mittel unsere Demokratie ernsthaft bedrohen.

Aufgebaut wurde die Maschinerie, die ihre Leistungen auch Machthabern in Schurkenstaaten anbietet, von einem Mathematikgenie, Robert Mercer. Dieser soll zunächst ein Vermögen mit dem Kurzfrequenzhandel an den Börsen gemacht haben und verfolgt nun seine politischen Absichten. Dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump hat er auch den Wahlkampfleiter Steve Bannon zur Seite gestellt. Den Mann, der durch Europa tourt, um hier die rechtspopulistischen Parteien zu einer Macht zu bündeln.

Ich bin kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Aber die Dokumentation bei Arte vom 9. Oktober «Fake America Great Again» lässt schon aufhören.

2. Welchen Kurs sollen wir Europäer einschlagen? Ich denke, dass diese Frage zu wenig diskutiert worden ist. Ein Europa kann nicht gegen den Willen seiner Bürger gestaltet werden. Der bevorstehende Wahlkampf zur Europawahl am 26. Mai bietet Gelegenheit, diese Diskussion breit zuführen. Ich möchte aber Herrn Dr. Lieb bei diesem Thema nicht vorgreifen.

3. Was beschäftigt uns in Deutschland? In den letzten Tagen ein Schneechaos im Süden. Ein von einem hessischen. Schüler ausgelöster Datenskandal. Schon seit längerem ein mögliches Chaos durch einen ungeregelten Brexit und der Diesel.

Nachdem die Politik Grenzwerte für Autoabgase festgelegt hat, betreibt ein Verein namens deutsche Umwelthilfe bei uns Prozess um Prozess, um deren Einhaltung zu erzwingen. Die Grenzwerte gelten für Europa, das Problem der Einhaltung scheint sich allerdings nur in unserem Land zu stellen. Dies ist umso erstaunlicher, als in Europa so ziemlich dieselben Autos unterwegs sind. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass bei uns eben an Punkten gemessen wird, die von vornherein zu erhöhten Werten führen müssen, direkt am Kantstein in Auspuffhöhe. In anderen Ländern wurden unter Einhaltung der Vorschriften die vorgesehenen Abstände gewahrt hat. Sind wir nun besonders vorsorglich gegenüber unseren Mitbürgern?

In einer Wohnung, die direkt über einem Messpunkt mit besonders hohen Messwerten liegt, hat sich folgendes herausgestellt: Benutzt der dort lebende junge Mann seinen Gasherd, setzt er sich einer um ein Vielfaches höheren Konzentration von Stickoxiden aus, als die Messstelle unter seinem Fenster beim Verkehr misst. Zum ähnlichen Ergebnis führt das Abbrennen von Kerzen in der Wohnung. Der junge Mann lüftet seine Wohnung mit der Außenluft, die als zu hoch belastet gilt.

Verschiedene Ärzte haben sich nach und nach zu Wort gemeldet und berichten, dass die festgesetzten Werte wissenschaftlich nicht begründbar sind. Aber was machen wir? Wir überlegen, wie Urteilen entsprochen werden kann, nach denen Straße zu sperren sind. Millionen von Autos werden vorzeitig verschrottet oder ins Ausland verkauft, wo sie dem Weltklima dann offenbar nicht schaden.

Die FDP hat schon frühzeitig ein Dieselfahrverbot abgelehnt. Es besteht die Möglichkeit, Regelungen zur Lage der Messpunkte zu erlassen. Dazu muss man aber den Willen haben und die Bereitschaft, einer ideologischen Umweltpolitik entgegenzutreten. Hier sehe ich für die CDU in Hessen deutlich Luft nach oben. Lieber lässt man zu, dass die Dieseltechnologie verteufelt wird. Richten soll es die Elektromobilität. Dabei fehlt es an der Infrastruktur bzw. Ladesäulen ebenso wie an einer sicheren Energieversorgung für Elektroautos.

Aus Sicht der Freien Demokraten darf die Politik nicht die Technik vorgeben, sondern nur den Rahmen setzen. Einen Rahmen, an den sich dann freilich auch alle halten müssen. Die Aufsichtsbehörden haben der Automobilindustrie über Jahre hinweg offenbar blind vertraut und selbst keine Messungen durchgeführt. Dieses Vertrauen oder vielleicht besser diese Blauäugigkeit ist auf Seiten der Industrie zum Teil in krimineller Weise missbraucht worden. Als Konsequenz droht Deutschland, seine führende Stellung im Automobilbau einzubüßen. Die Automobilindustrie steuert ein Drittel des Umsatzes der Top-50-Unternehmen in Deutschland bei. Der Verlust einer weiteren Ankerbranche gehört zu dem, was unser Land am wenigsten brauchen kann.

4 Wodurch ist unsere gegenwärtige wirtschaftliche Situation gekennzeichnet. Funktioniert das Wirtschaftsmodell der Bundesrepublik noch? Ashoka Mody, Ökonom in Princton, verneint dies und stellt fest, dass ein neues nicht in Sicht sei.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, ist besorgt darüber, dass in Deutschland die Beharrungskräfte regieren. Innovativen Investitionen stehe die Steuerregulierung im Wege. „Wir denken offenbar nicht einmal daran, dass wir neue Unternehmen im Land brauchen “so Fuest.

Lange Zeit waren es Ingenieurleistungen, die Produktions- und Prozesstechnik sowie der Maschinen und Automobilbau, die das Modell getragen haben; daneben Banken, die die Produktion und Vermarktung finanzierten. Bei der Anmeldung von Patenten war Deutschland lange Zeit vorne.

Bei den Ingenieurleistungen schauen wir heute staunend auf chinesische Projekte, wie die neu entstehende Seidenstraße oder die 55 km lange Seebrücke zwischen Hongkong und Marcao. Deutschland scheitert an einem Flughafen in Berlin. In den Zukunftstechnologien sind die USA und China bei den Patentanmeldungen davongeeilt. Die Deutsche Bank ist, zumindest gemessen an ihrem Aktienkurs, kaum mehr als ein Schatten ihrer selbst.

5. Ein Wort zur Energiepolitik. Gern verweisen Umweltpolitiker darauf, dass infolge ihrer Politik in Deutschland ein stetig höherer Prozentsatz des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien gedeckt werde. Die zukünftige Landesregierung in Hessen aus CDU und Grünen will weitere Windkraftanlagen, um den Anteil der Erneuerbaren zu erhöhen. In ihrem Koalitionsvertrag halten sie fest, weiterhin Windkraft im Wald zu ermöglichen und zwei Prozent der Landesfläche als Windvorranggebiet auszuweisen.

Zunächst hört es sich gut an, wenn an manchen Tagen der Stromverbrauch fast komplett aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Aber schlecht ist es, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Denn mehr und mehr können wir dann nur unzureichend auf andere Stromquellen zurückgreifen. So konnte man lesen, dass am 14. Dezember rechnerisch die Kapazität von zwei Kernkraftwerken fehlte. Große Abnehmer wie Aluminiumhütten und die Glasindustrie berichten von zunehmenden Produktionsbeeinträchtigungen wegen Unterbrechungen und Frequenzschwankungen im Netz. Ihre Entschädigung bei ungeplanten Abschaltungen ist auf 5.000 Euro gedeckelt.

Eine auf tönernen Füßen stehende und viel zu teure Energieversorgung ist Gift für unsere wirtschaftliche Stellung und die Wahrung unseres Wohlstandes. Und es bringt dem Klimaschutz rein gar nichts, wenn Produktionsstätten bei uns schließen oder nicht mehr entstehen. Sie werden dann in anderen Regionen der Welt errichtet, mit mutmaßlich geringeren Anforderungen an den Umweltschutz.

6. Eine weitere Herausforderung steht uns bevor, wenn bald die Babyboomer in Rente gehen. Bei immer mehr Menschen ändert sich die Perspektive. Aus Jahren der Last wird die Last der Jahre. Die große Koalition reagiert darauf mit Rentengeschenken, um die wachsende Wählergruppe zu bedienen. Mit Investitionen in die Zukunft hat dies jedoch nichts zu tun. Mit der Rente mit 63 werden Erfolge der vergangenen Jahre bei der Ausweitung der Erwerbstätigkeit älterer Personen wieder zunichte gemacht.

Die FDP fordert stattdessen ein lebensbegleitendes Lernen mit dem Midlife-Bafög. Dieses soll das ganze Leben über in Anspruch genommen werde können, z. B. für eine Weiterqualifizierung während einer beruflichen Auszeit. Damit Deutschland nicht alt aussieht, werden wir junge und hoffentlich gut ausgebildete Menschen in unser Land holen müssen. Wir Freien Demokraten fordern schon lange ein Einwanderungsgesetz mit klaren rechtstaatlichen Regeln, wenn Menschen, ohne verfolgt zu sein, bei uns leben und arbeiten möchten. Union und SPD haben sich dieser Forderung viel zu lange verweigert.

II. Vor zwei Tagen hat sich nach der Wahl am 28. Oktober der neue Hessische Landtag in Wiesbaden konstituiert, eine neue Landesregierung wurde vereidigt. Überhang- und Ausgleichsmandate führten dazu, dass wir statt 110 nunmehr 137 Abgeordnete haben. Eine gerupfte CDU und vor Kraft strotzende Grüne habe eine Mehrheit von einer Stimme. Ein heißer Sommer hat gereicht, um eine Verbindung zwischen Wetter und Moral herzustellen. Eine ideologiegeladene Umweltpolitik nutzt aber nicht dem Klima und hemmt uns bei der Nutzung wirtschaftlicher Chancen.

Die FDP kann ihre Oppositionsrolle mit nahezu doppelt großer Fraktion wahrnehmen. Mit dem Fraktionsvorsitzenden René Rock und dem neuen Offenbacher MdL Oliver Stirböck haben wir als FDP Heusenstamm zwei vertraute Ansprechpartner.

III. Ein Blick auf Heusenstamm. Was waren oder sind die aktuellen größeren Themen?

1. Wellen schlägt die Diskussion um den Umbau der Schlossmühle zu einer Kindereinrichtung mit Plätzen für Unter- und Überdreijährige. Vor einem Jahr beantragte der Magistrat den im November 2015 gefassten Beschluss über den Umbau aufzuheben. Weil sich die Kosten stark erhöht haben sei das Projekt unwirtschaftlich. Jeder Kindergarten ist unwirtschaftlich. Wir haben im Januar 2018 nach Alternativen und deren Kosten gefragt. Antworten und ein Gutachten haben ein Dreivierteljahr gedauert.

Sie haben meinen Fraktionskollegen Dr. Benninger und mich nicht überzeugt. Die Schlossmühle lässt sich am schnellsten umsetzen. Mit ihr kann der langfristig prognostizierte Bedarf an U3-Plätzen zur Hälfte und an Ü3 Plätzen ganz gedeckt werden. Die Baukosten bleiben im Rahmen dessen, was für andere Projekte genannt worden ist. Eine überzeugende Alternative gerade für U 3-Plätze wurde nicht aufgezeigt. Außerdem wird ohnehin ein weiteres Objekt für die Betreuung der Unterdreijährigen erforderlich sein. Wir erwarten ein Konzept des Magistrats, wie er den von ihm benannten Bedarf an weiteren U3- und Ü3 Plätzen decken will.

2. Im abgelaufenen Jahr haben die Kooperation aus SPD, Grünen und FHW mit den Stimmen der sonst oppositionellen CDU die gänzliche Beitragsbefreiung für Kindergartenkinder über drei Jahre beschlossen. Das Land hatte zuvor festgelegt, den Kommunen eine Pauschale für die ersten 6 Stunden zu zahlen. An der Refinanzierung werden die Kommunen freilich beteiligt.

Wir haben dafür gestimmt, die weiteren Stunden (also ab der 7. Stunde) wie bisher zu berechnen, weil die Kosten der Kinderbetreuung ohnehin schon den größten Ausgabenblock bilden. Außerdem hätten wir Freien Demokraten es besser gefunden, wenn das Land die Mittel in die Kitas bzw. in noch fehlende Plätze investiert hätte. Jetzt erhalten Eltern mit einem Platz eine Sozialleistung, wer keinen Platz hat geht ganz leer aus.

3. Heusenstamm wurde in das Förderprojekt Stadtumbau in Hessen aufgenommen und hat dazu ein sogenanntes integriertes Stadtentwicklungskonzept vorlegen müssen. Leider ist davon mit Ausnahme der verlängerten Schlossallee nur der östlich der S-Bahn gelegene Teil der Stadt betroffen. Wenn das Konzept vom Ministerium angenommen wird, wird es darum gehen, welche Prioritäten wir bei den darin enthaltenen Projekten setzen. Wir empfinden das Programm als sehr bürokratisch. Zudem bleiben Beschlüsse des Stadtparlaments zu Objekten im Fördergebiet, so zum Feuerwehrhaus und zum Jugendzentrum, nach unserem Eindruck schlicht liegen.

4. Auf unser Betreiben hat der Magistrat über die drohende Verlegung von Flugrouten über unsere Stadt in einer Informationsveranstaltung berichtet. Das Expertengremium „Forum Flughafen und Region“ hatte entsprechende Vorschläge angeblich zur Verbesserung des aktiven Schallschutzes gemacht. Tatsächlich wird Fluglärm im Wesentlichen nur verlagert. In einem neu geschaffenen Konsultationsverfahren sollen Bürger und die Stadt zu dem Maßnahmenpaket Stellung nehmen können.

Das Stadtparlament hat einer Resolution der betroffenen Gemeinden gegen diese Maßnahme zugestimmt. Wir möchten, dass die Bürger sich an der Stellungnahme beteiligen können und diese nicht erst dann in Angriff genommen wird, wenn kurze Fristen bestehen. Einen von uns beantragten und vom Stadtparlament gefassten Beschluss sehen wir insoweit noch nicht umgesetzt.

5. Vor uns steht die Beratung des Haushalts für 2019. Wir sehen allen Anlass, bei den Ausgaben weiter restriktiv zu verfahren und die Stadt auch für Zeiten zurückgehender Steuereinnahmen zu wappnen.

IV. Deutschland hat viele Jahre der politischen Stabilität und des wirtschaftlichen Aufschwungs erlebt. Aber die Luft wird dünner. Unsere Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit und Bedrohungen werden augenscheinlicher. Wir alle sind gefordert, als Bürger und Verbraucher, in Familie, Beruf und Ehrenamt, Verantwortung für die eigene und damit auch für die Zukunft unseres Landes zu übernehmen. Das große Bild ergibt sich immer aus der Summe der vielen kleinen Rasterpunkte.

Richtschnur für Freie Demokraten ist, für Freiheit und Verantwortung einzutreten. Dies wollen wir mit Herz und Verstand tun. Wir sind davon überzeugt, dass auf diese Weise ein Bild entsteht, an dem auch unsere Kinder und Enkel noch Gefallen finden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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