Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste!

Strukturelle Defizite

Der Haushalt dokumentiert, was uns die Kommunalaufsicht bei der Genehmigung des letztjährigen Haushalts ins Stammbuch geschrieben hat. Es bedarf seitens der Stadt Heusenstamm „nachhaltiger und durchgreifender Maßnahmen, um in der Zukunft eine geordnete Haushaltswirtschaft sicherzustellen“. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Feststellung bereits vor der Corona-Pandemie bzw. unabhängig davon getroffen wird.

Die strukturellen Defizite werden an folgen Umständen deutlich:

  • In den Jahren bis 2024 (d.h. im Zeitraum der Mittelfristplanung) werden wir keinen ausgeglichenen Verwaltungshaushalt haben, die Defizite summieren sich auf rd. 7,0 Mio. Euro;
  • Alle Investitionen bzw. die Eigenmittel müssen durch Kredite finanziert werden; der Schuldenstand aus Investitionskrediten soll dementsprechend von rd. 28,9 Mio. in 2020 auf rd. 53,3 Mio. Euro in 2024 wachsen. Das sind 24,4 Mio. Euro. Hinzu kommt noch der städt. Anteil an der neuen Grundschule und weitere Beträge für das Feuerwehrhaus. Damit sind wir dann mindestens bei einer Verdoppelung des jetzigen Standes.
  • Dies gilt, obwohl die Bürger in diesem Jahr bei der Grund- und Gewerbesteuer mit rd. 1,8 Mio. Euro zusätzlich belastet werden und ab den Jahren 22 und 23 gegenüber 2020 mit zusätzlich rd. 3,8 Mio. Euro jährlich;
  • Unsere Rücklagen, die für 2019 noch mit über 11,0 Mio. Euro angegeben werden, schmelzen auf 2, 9 Mio. Euro zusammen.

Dass sich die Parteien der Kooperation noch vor einem Jahr und die SPD auch jetzt noch damit brüsten, sie hätten den Haushalt konsolidiert, zeigt u. E. deren mangelndes Urteilsvermögen.

Wir kritisieren, dass bei dieser Lage der von der FDP initiierte und vom Stadtparlament beschlossene Arbeitskreis „städtische Finanzen“ vom Magistrat links liegen gelassen wurde. Es hätte genug Anlass bestanden, dieses Gremium mit Leben zu erfüllen, um Lösungen für unsere Stadt zu erarbeiten. Aber er wird nicht einberufen.

Das Parlament wird nicht ernst genommen

Stattdessen wird das Parlament nicht ernst genommen. Das zeigt sich bei den Beschlüssen zum Familienzentrum oder zum Feuerwehrhaus.

Im Juni letzten Jahres wurde auf Antrag der FDP beschlossen, die Planungen für die Ertüchtigung und Erweiterung des Feuerwehrhauses aufzunehmen oder bis September eine Alternative mit einem anderen Standort vorzustellen. Jahrelang war nichts passiert. Die SPD hat wie alle anderen zugestimmt. Es läge ja doch alles vor, äußerte deren Fraktionsvorsitzender.

Im September kam dann die Vorlage, Geschosswohnungsbau auf dem Gelände der Feuerwehr zu beschließen und für diese einen anderen Standort zu suchen. Mit dieser Vorlage wurde schlicht gegen die HGO verstoßen, nach der der Magistrat Beschlüsse des Stadtparlaments umzusetzen hat. Anderenfalls hätte der Bürgermeister Widerspruch einlegen müssen, womit er ja Erfahrung hat.

Auch die Ankündigung im Ältestenrat spätestens bis zum Jahresende eine Alternative vorzustellen, wurde nicht eingehalten. Weitere Sitzungen des Ältestenrates wurden einfach nicht einberufen.

Im Haushaltsentwurf werden trotz der bestehenden Beschlusslage für das Feuerwehrgebäude keine weiteren Mittel in der Investitionsplanung eingestellt. Dieser Fehler soll mit dem gemeinsamen Änderungsantrag von FDP und CDU korrigiert werden.

Beim Familienzentrum in der Altstadt zeigt sich die Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz des Bürgermeisters und Kämmerers. Dort werden Millionen eingestellt, obwohl es überhaupt noch keinen Beschluss gibt, dieses Projekt zu realisieren. Beauftragt wurden 2018 Sondierungen auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie.

Im Juni 2020 wurde auf unsere Initiative durch Beschluss festgestellt, dass diese Beauftragung in der Annahme erfolgte, die kath. Kirchengemeinde würde für sich ein Gemeindezentrum bzw. Familienzentrum bauen oder betreiben wollen. Dahinter stand die Annahme, dass sich Kosten und Risiken so auf Kirchengemeinde und Stadtgemeinde verteilen würden. Ansonsten sollten die Sondierungen nur auf der Grundlage eines neuen im Grundsatz gebilligten Konzeptes erfolgen.

Die FDP hat diesen Beschluss initiiert, weil uns schon schwante, dass der Bürgermeister die Stadtverordnetenversammlung mit seinem Vorgehen überfahren könnte.  Die Spatzen pfiffen es von den Dächern, dass die Kirchengemeinde keine Erlaubnis für ein neues Gemeindezentrum vom Bistum bekommt. Kosten und Risiken bei der Verwertung ihres Grundstücks will und darf sie nicht eingehen.

Den Bürgermeister hindert dies alles nicht daran, uns mit der bekannten Vorlage zu konfrontieren. Dass diese nicht beschlussfähig ist, haben FDP und CDU mit dem gemeinsamen Änderungsantrag hinreichend begründet. Der Bürgermeister geht sogar so weit, unumwunden damit zu drohen, dass die Stadt mit Verwaltungskosten belastet würde, wenn die Zustimmung verweigert wird.

Beauftragt waren Sondierungen, das Parlament wird auch hier -gelinde gesagt- nicht ernst genommen. Gemäß unserem gemeinsamen Änderungsantrag zum Haushalt sind deshalb die Mittel für ein Familienzentrum mindestens mit einem Sperrvermerk zu versehen.

Inkonsistent ist es auch, dass im Haushaltsentwurf für die neue Grundschule keine Mittel eingestellt sind. Dies widerspricht der gebotenen Haushalts- wahrheit und -Klarheit. Auch dies soll mit unserem gemeinsamen Änderungs- antrag korrigiert werden.

In Heusenstamm herrscht Stillstand

Der Haushalt zeigt des Weiteren, dass unter den Kooperationsparteien und dem Bürgermeister in Heusenstamm Stillstand herrscht. Bei dem was angeblich umgesetzt worden sei, schmückt man sich weitestgehend mit fremden Federn.

Nichts ist bei der Jugendförderung passiert. Erst wird vom Bürgermeister Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt, den Bau eines neuen Jugendzentrums von einer vorherigen Prüfung abhängig zu machen. Als man sich dann doch auf dieses logische Vorgehen verständigt, gibt es jahreslang kein Prüfungsergebnis. Auf Anfrage der FDP stellt sich im letzten Jahr heraus, dass, dieses zwei Jahre lang dem Parlament vorenthalten wurde. Darin wird ein Neubau befürwortet. Der Bürgermeister teilt dazu aber mit, man arbeite an einem neuen Konzept für dezentrale Jugendarbeit.  Die Freien Wähler sehen ihre Gedanken geklaut und kündigen die Kooperation auf. Ergebnis: Null Fortschritt bei der Jugendarbeit, was sich auch im Haushalt zeigt.

Die FDP hatte beantragt zu prüfen, ob die seit Jahren leerstehende Schlossmühle für die Jugendarbeit mit genutzt werden könne. Nicht einmal geprüft haben wollten dies SPD, Grüne, FWH in Einigkeit mit der AfD.

Bei Einbeziehung der Scheune und des Innenhofes können sich hier besondere Möglichkeiten ergeben. Dass man sich mit dem Eigentümer der Scheune vor Gericht streitet, ist bedauerlich, muss einer Lösung aber nicht dauerhaft entgegenstehen. Neue Akteure finden oftmals auch zu neuen Lösungsansätzen.

Bei der Schlossmühle steht auch im Haushalt 2021 wieder der alte Ansatz erneut mit dem Vermerk, dass eine Beschlussfassung zur Nutzung erforderlich ist. Der Magistrat soll angeblich einen Vorschlag haben, dem Parlament wurde er aber bislang nicht unterbreitet. Auch hier herrscht nach vielen Jahren weiter Stillstand.

Die Prioritäten werden falsch gesetzt

Bei ihren Prioritäten lassen sich der Bürgermeister und die Kooperation von Förderprogrammen leiten, wie dem ISEK oder dem Großen Frankfurter Bogen. Ganz im Interesse der Ministerialbürokratie in Wiesbaden verfolgt man, auf den letzten städtischen Flächen mit der Feuerwehr, dem ehemaligen Bauhof und dem Jugendzentrum Geschosswohnungsbau.

Bei den großen Flächen des ehemaligen Brückenbauhofs und des Fernmeldezeugamtes ist dagegen kein Fortschritt zu erkennen. Hier kann in großem Maße neuer Wohnraum entstehen. Eine Aussprache des Parlaments zu den Vorstellungen, die der Investor für den ehemaligen Brückenbauhof im Sommer letzten Jahres präsentiert hat, wird aber vom Bürgermeister für nicht sinnvoll angesehen.

Dies ist aber selbstverständlich sinnvoll. Schon deshalb, um deutlich werden zu lassen, dass der Investor den Gewerbeanteil viel zu niedrig ansetzt. 40 % waren es in den Potentialanalysen. Daraus wurden in dem was vorgestellt wurde gerade etwas über 4 %. Mit unserem Antrag wollen wir eine Erhöhung des Gewerbeanteils und weitere Handelsflächen erreichen; für mehr Vielfalt im großflächigen Einzelhandel und zur Stärkung des Gewerbes.

Nachhaltige Stadtentwicklung

In seiner Haushaltsrede formuliert der Bürgermeister:

„Nur wenn jeder, der gerne in Heusenstamm lebt, die Möglichkeit erhält, sich hier eine Wohnung leisten zu können, nur dann wird Heusenstamm eine nachhaltige Bevölkerungsstruktur mit Jung und Alt haben.“

Wir erleben aber konträr dazu, dass auch in den bestehenden und älteren Wohngebieten mehr und mehr junge Familien einziehen, weil Häuser zunehmend altersbedingt frei werden.

Eine nachhaltige Stadtentwicklung bedingt aber insbesondere eine Ausgewogenheit von zusätzlichem Wohnraum, zusätzlichem Gewerbe und der erforderlichen zusätzlichen Infrastruktur. Und die muss man sich auch leisten können. Dafür sind wir auch auf die Einnahmen aus der Gewerbsteuer angewiesen. Große Fortschritte wurden auch hier nicht erzielt. Der Ansatz für das Jahr 2022 entspricht dem Ansatz für das Jahr 2019, obwohl die Erhöhung der Gewerbesteuer berücksichtigt ist. Ein Bericht zur Wirtschaftsförderung wurde einfach nicht vorgelegt, obwohl die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat auf Antrag der FDP damit beauftragt hat, einen solchen Bericht zu erstellen.

 

Steuererhöhungen

Insbesondere die Kosten für die Kinderbetreuung drohen uns schon jetzt über den Kopf wachsen. Da helfen auch Zuschüsse für den Bau der Kitas und für Räumlichkeiten für die Schulkindbetreuung wenig, wenn wir anschließend mit den Personalkosten allein gelassen werden.

Der Ansatz für den Aufwand für die Kitas der Stadt und der freien Träger beträgt schon jetzt zusammen 10,8 Mio. Euro. Dazu kommen 2,9 Mio. Euro für die Schulkindbetreuung. Insgesamt steuern wir auf einen Betrag von 14 Mio. Euro zu. Hinzu kommen derzeit die Einnahmeausfälle durch die Pandemie.

Als Konsequenz dieser Entwicklung sehen wir die Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer wie im Entwurf des Haushalts vorgesehen als unumgänglich an. Ein Ausgleich des Haushaltsdefizits in größerem Maße durch die Rücklagen würde das Problem nur um ein zwei Jahre verschieben und dann zu noch drastischeren Steuerhöhungen führen.

Wenn wir den Bürgern aber diese Steuerhöhungen zumuten müssen, ist es unsere Aufgabe, die Kosten wo es möglich ist zu begrenzen.

Der größte Kostenblock ist der Personalbereich. Hier ist eine Kostenreduzierung schwer möglich. Umso wichtiger ist es, zusätzliche Kosten durch weitere Stellen zu vermeiden. Dabei ist der Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes wegen des Anspruchs auf einen Kita-Platz ausgenommen.

Zum Stellenplan

Damit komme ich zum Stellenplan. Wir sehen uns auch nachträglich in unserer Haltung bestätigt, als wir vor einem Jahr zusammen mit der CDU die Schaffung von 14 zusätzlichen Stellen in der Verwaltung bis auf eine Ausnahme (unter Berücksichtigung von KW-Vermerken) abgewehrt haben. In diesem Jahr sollen nach dem Entwurf in der Verwaltung (ohne den Kita-Bereich) nun wieder 5 zusätzliche Stellen gebildet werden. Mit unserem Änderungsantrag gemeinsam mit der CDU lehnen wir auch diese bis auf eine Ausnahme im Bereich Sicherheit und Ordnung ab. Auch der Nachbesetzung stellen wir uns nicht in den Weg. Sofern dazu eine neue Stelle geschaffen wird, ist die Stelle des bisherigen Mitarbeiters aber mit einem KW-Vermerk zu versehen. Auch dies ist Gegenstand unseres gemeinsamen Änderungsantrags.

Konsolidierungskonzept

Ich komme noch kurz zum Konsolidierungskonzept. Es sieht eine weitere Anhebung des Hebesatzes bei der Grundsteuer B ab 2023 auf dann 830% vor, wenn insbesondere Hilfen und Ausgleichszahlungen in Verbindung mit der Pandemie nicht in der erhofften Höhe erfolgen.  Ich will hierauf wegen der bestehenden Unsicherheiten nicht weiter eingehen. Überdeutlich wird aber, dass finanzielle Abenteuer das letzte sind, was wir uns leisten können.

An mehreren Stellen werden im Haushaltsplan Preisanpassungen angesprochen. In den Ausschussberatungen wurden erhebliche Preissteigerungen in den letzten Jahren bestätigt. Was nutzen uns dann 5,8 Mio. Euro Zuschüsse für ein Familienzentrum, wenn die Kosten schon heute nach grober Schätzung mehr als das Doppelte betragen und bei den genannten Erhöhungen bis 2024/25 schnell das dreifache erreichen können.

Es wird schon schwer genug sein, zu erhalten, zu pflegen und womöglich auszubauen, was wir haben. Martinsee, das Schwimmbad, weitere Einrichtungen und Investitionen für Vereine und Bürger wollen wir am Ende nicht alle einem neuen, wenig durchdachten aber dafür sehr teuren Objekt unterordnen müssen. Aber ich will der weiteren Diskussion zum Familienzentrum hier nicht weiter vorgreifen.

Die FDP kann nur bei Annahme des gemeinsam mit der CDU beantragten Änderungsantrags die Haushaltssatzung, das Investitionsprogramm und das Haushaltssicherungskonzept mit beschließen; und dies auch nur mit knirschenden Zähnen. Mit einem Haushalt lässt sich nicht alles korrigieren, was in der Verwaltungsspitze schlecht und falsch läuft.

Unsere kritische Haltung zu dem, was in den vergangenen Jahren passiert bzw. insbesondere nicht passiert ist, hoffe ich dabei deutlich gemacht zu haben. Die Politik in Heusenstamm darf nicht länger von Förderprogrammen bestimmt werden. Wir müssen wieder einer eigenen an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Heusenstamm orientierten Agenda folgen. Das Parlament muss wieder ernst genommen und besser in Entscheidungsfindungen eingebunden werden. Es ist Zeit für einen Wechsel.

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