Sehr geehrte Damen und Herren,

Uwe Klein

Das neue Jahr begann für die FDP am vergangenen Sonntag mit einem Paukenschlag. 9,9 % für die
Liberalen bei der Wahl in Niedersachsen, das war schon der Hammer. Das Ergebnis toppte nochmals
das gute Abschneiden der Freien Demokraten bei den Wahlen zuvor in Schleswig-Holstein und
Nordrhein-Westfalen.

Leider wird die Koalition von CDU und FDP in Niedersachsen trotz unseres guten Ergebnisses nicht
fortgesetzt werden können. Nicht aber, weil die FDP zu viele Zweitstimmen von CDU Wählern erhalten
hätte. Wäre nämlich der Zweitstimmenanteil unserer Partei nur etwas größer gewesen, hätte die FDP
und nicht die SPD das weitere Mandat erhalten, das letztlich den Ausschlag für die Mehrheit gegeben
hat. Dies nur als kleiner Hinweis für den strategisch denkenden Wähler.

Rund 350.000 Stimmen erhielt die FDP in Niedersachsen. Nach der Analyse der Wählerwanderungen
kamen gut 100.000 Stimmen von der CDU. Dies ist weniger als ein Drittel. Ziehen wir diese Stimmen ab,
sind wir immer noch bei 6,6 %. Die gleichen Wahlforscher wollen das Ergebnis aber zu einem sehr viel
größeren Teil „eigentlichen“ CDU-Wählern zuschreiben, ungeachtet der von Ihnen ermittelten
Wählerwanderung.

Das folgende Zitat würde erklären, warum sich Wähler bei Befragungen vielleicht nicht zu ihrer Stimme
für die FDP bekennen mögen. Der Spiegelredakteur Jan Fleischhauer schreibt in einer Kolumne vom
Mai letzten Jahres (ich zitiere hier etwas verkürzt):

„Man darf in Deutschland alles Mögliche wählen, ohne dass dies größere Nachfragen auslöst –
grün, rot, auch orange, zur Not auch mal schwarz. Selbst die Linkspartei … findet in den
deutschen Leitmedien noch ihre Verteidiger.

Nur ein Bekenntnis zur FDP setzt einen verlässlich dem Verdacht aus, nicht mehr alle Tassen
im Schrank zu haben, bzw. selber ein Vertreter jener Intriganten und Egomanengesellschaft zu
sein, wie sie angeblich die Freidemokratie bevölkert. Ich weiß“, schreibt Fleischhauer, „wovon
ich rede: Seit ich meine Sympathien für die Freunde der Freiheit erkennen ließ, werde ich
regelmäßig aufgefordert, mich in Therapie zu begeben.

Die Verachtung geht inzwischen so weit, dass sich die Verächter nicht einmal mehr Mühe
geben, näher zu begründen, was genau am deutschen Liberalismus so schlimm ist, dass man
ihn sich in den Orkus der Parteiengeschichte wünscht. Um als politischer Outcast zu gelten,
reicht es offenbar, dass man die Tarifautonomie bewahren möchte und die Hälfte seines
Einkommens lieber selber behält, anstatt es Leuten wie Andrea Nahles, Siegmar Gabriel oder
Jürgen Trittin anzuvertrauen, damit die es dann für einen ausgeben.“
Soweit Jan Fleischhauer.

Wer das Spiel „Wer fordert mehr soziale Gerechtigkeit“ nicht mitspielt, gerät ins Abseits. Während alle
anderen angeblich nur das Gemeinwohl im Auge haben, stehen Liberale notorisch im Verdacht, lediglich
Interessen ihrer Klientel zu bedienen. Der Kniff ist einfach: Benenne keine partikularen Interessen
sondern berufen dich auf die Gattung wie „Klimaschutz“ oder „soziale Gerechtigkeit“. Das macht
unangreifbar, die Konkurrenz der partikularen Interessen wird unterlaufen.

Meine Damen und Herren, eine zu große Kluft zwischen Arm und Reich gefährdet nicht nur die Stabilität
einer Gesellschaft und im Übrigen auch deren Wachstumspotenzial. Sie ist auch politisch von Liberalen
nicht gewollt. Andererseits reicht es nicht, auf Missstände mit der platten Forderung nach
Steuererhöhungen zu reagieren. Damit wird eine Debatte über den effizienteren Einsatz unserer
Steuermittel verweigert. Wir dürfen auch den Leistungswillen nicht mit der Steuerschraube abwürgen.
Auch dann sinkt der Wohlstand für alle. Nicht nur soziale Gerechtigkeit, auch eine Leistungsgerechtigkeit
ist für eine Gesellschaft wichtig.

Der Staat kann seine Wohltaten nur aus dem bestreiten, was er den Bürgern vorher abgenommen hat.
Und da muss längst der breite Mittelstand herangezogen werden. Durch Inflation sind die mittleren
Einkommensschichten in die Progression der Steuertabelle hineingewachsen, was so gar nicht
vorgesehen war. Wenn die Bundesregierung den Mittelstand um diesen Effekt steuerlich entlasten will,
wird dies von Rot-Grün verhindert. Ist dies sozial gerecht?

Ist es eine gute Klimaschutzpolitik, wenn die von Rot-Grün gepuschte übermäßige Förderung des
Solarstroms dringend benötigte Mittel für die Erforschung effizienterer erneuerbarer Energien bindet?
Wenn die Marktwirtschaft bei der Energiewende außer Kraft gesetzt wird?

Wichtig ist, in unserer Gesellschaft die Aufstiegschancen durch mehr soziale Mobilität zwischen den
Schichten zu steigern. Hierfür sind Bildung und Leistungsbereitschaft die Antriebsmotoren und
entsprechend zu fördern. Dabei darf der Staat aber nicht eine Rolle als Gleichmacher einnehmen,
sondern als Förderer der Schwächeren wie auch der Leistungselite. Die von der FDP in der Hessischen
Landesregierung gestellten Kultusminister verfolgen hier die richtige Politik. Sie haben die Lehrerzahl um
2.500 erhöht und wir halten an der Vielfalt der Schulformen fest.

Liberale und ihre Wähler haben keinen Grund, sich mit ihren Ansichten und politischen Forderungen zu
verstecken. Gerade in diesem Superwahljahr mit der Bundestagswahl und der Neuwahl zum
Hessischen Landtag müssen und werden wir sie offensiv vertreten.

In Heusenstamm meine sehr geehrten Damen und Herren steht der Haushaltsentwurf für das laufende
Jahr im Zentrum der politischen Diskussion. Aufwendungen von 42,7 Mio. € stehen darin Erträgen von
38,0 Mio. gegenüber. Das Defizit beträgt 4,7 Mio. €, es ist damit geringer als in den Vorjahren. Aber seit
2009 haben sich bereits Gesamtverbindlichkeiten aufgebaut, die in 2013 den Stand von 35,0 Mio. €
erreichen, das sind durchschnittlich 7,0 Mio. € im Jahr. 35,0 Mio. € entsprechen der Hälfte des für
unserer Stadt zum 01.01.2009 mit 70,0 Mio. € ermittelten Eigenkapitals. Auf die aktualisierte Zahl sind
wir gespannt.

Dass bei den Bemühungen, die Finanzlücke zu schließen auch Steuerhöhungen nicht außen vor
bleiben, ist verständlich. Die FDP hat sie als letztes Mittel nicht ausgeschlossen. Wir bedauern aber,
dass in Heusenstamm zuerst einmal die Steuern angehoben worden sind und zwar in derselben Sitzung,

in der dem Parlament der Haushaltsentwurf überhaupt erst vorgelegt worden ist. Eine
Auseinandersetzung mit dem Zahlenwerk war so gar nicht möglich. Die bereits beschlossene Erhöhung
bei der Grund- und der Gewerbesteuer soll zu Mehreinnahmen von 1,1 Mio. € führen.

Wir sind aber der Meinung, dass Steuererhöhungen nur mit weiteren adäquaten Maßnahmen auf der
Einnahmen- aber vor allem auch auf der Ausgabenseite einhergehen müssen. Steuererhöhungen als
leichtesten und nahezu einzigen Weg lehnen wir ab.

Wir können diese nur mit tragen, wenn sich auch die Verwaltung einen strikteren Sparkurs auferlegt. Im
Konsolidierungskonzept für 2013 stehen aber den Ertragssteigerungen von insgesamt 1,2 Mio. €
Aufwandsreduzierungen von lediglich rund 300.000 € gegenüber.

Auch bei der Begrenzung der Kosten für freiwillige Leistungen halten wir ein konsequenteres Handeln für
geboten. Noch zur Zeit unserer Zusammenarbeit mit der CDU hatten wir gemeinsam beschlossen, mit
den Vereinen Maßnahmen zur Senkung der Kosten für die Betreibung des Sportzentrums Martinsee zu
besprechen und auch den Anteil der Vereine an der Deckung der Kosten schrittweise anzuheben. Die
Kosten liegen derzeit bei rund 900.000 € im Jahr, ein Verein kann die gesamte Halle mit allen Umkleide
und Duschräumen für 4,50 € in der Stunde mieten.

Ein anderer Bereich sind die steigenden Kosten für die Kindertagesstätten. Wie auch für die Betreuung
der unter Dreijährigen und der Schulkinder wendet die Stadt hier sehr viel Geld auf. Weil die Gebühren
seit Jahren nicht angehoben werden, sinkt der durch die Eltern abgedeckte Anteil stetig. Als
angemessen gilt ein Anteil von 30 %, zu dem die Gebühren der Eltern die Kosten decken. Bei den
städtischen Kindergärten liegen wir dagegen bei rd. 15 %, bei den konfessionellen bei rd. 13 %. Die
Abweichung zu 30% summiert sich zusammen in 2013 nur für die KiTas auf rd. 760.000 €.

Um wenigstens dem Trend zu einer immer größeren Abweichung gegenzusteuern, in 2013 allein weitere
120.000 €, wurde der Magistrat auf Antrag von FDP und Freien Wählern vor über einem Jahr beauftragt,
eine maßvolle Erhöhung zu prüfen unter Einschluss einer möglichen Gebührenstaffelung nach
Einkommen. Das Ergebnis sollte den Gremien zur Kenntnis und Beschlussfassung vorgelegt werden.

Im Konsolidierungsprogramm findet sich hierzu nur die Aussage, dass in den Folgejahren angestrebt
werde, die Differenz zu reduzieren. Ein Grund, dieses Thema weiter auf die lange Bank zu schieben,
wird nicht genannt.

Wir sehen den Grund vor allem im Koalitionspartner der CDU. Und ich erinnere daran, dass die SPD ihre
Gefolgschaft in der Koalition auch verweigert hat, als es darum ging, die Sporthalle im Forst (neben dem
Schwimmbad) aus Kostengründen nicht zu sanieren und nicht länger neben dem Sportzentrum
Martinsee weiter zu betreiben. Nur mit unseren Stimmen war es möglich, die im
Konsolidierungsprogramm ausgewiesene Aufwandsreduzierung infolge der Schließung der Halle zu
erzielen.

Die Grundsteuer ein zweites Mal in Folge zu erhöhen, fiel der Koalition offensichtlich leichter.
Ich komme auf meinen eingangs geäußerten Gedanken zurück. Wie macht man sich als Partei
möglichst unangreifbar? Wenn man positiv besetzte Themen aufgreift. In Heusenstamm beispielsweise

Sportförderung oder Familienförderung. Wer hier Anlass zu Korrekturen sieht, wird leicht ins Abseits
gestellt.

Müssen wir aber nicht auch die Interessen derer im Blick haben, die beispielsweise als Bezieher einer
bescheidenen Rente ihr Haus im Alter halten wollen und sich fragen, warum ein Elternpaar mit zwei
Einkommen oder gut verdienende Sportler bzw. Sportlerinnen nur in so geringem Maße an den Kosten
der freiwilligen Leistungen beteiligt werden?

Der Presse war gestern zu entnehmen, dass auch Bürgermeister Jacoby die Kosten für den Betrieb des
Sport- und Kulturzentrums Martinsee in 2013 senken will. Nach der Ausschusssitzung in dieser Woche,
in der wir den seit langem ausstehenden Bericht über eine Erhöhung der KiTa-Gebühren angemahnt
hatten, wurde der Bericht vorgestern zugeschickt. Es bewegt sich also etwas. Aber die Koalition aus
CDU und SPD tut sich offensichtlich schwer. Die FDP-Fraktion bietet dem Bürgermeister ihre
Unterstützung an, und nicht zu vergessen ist, auch CDU und FDP haben zusammen in Heusenstamm
eine Mehrheit.

Mein Fraktionskollege Herr Dr. Benninger und ich werden uns im Stadtparlament weiter für einen fairen
Ausgleich der Interessen einsetzen und dabei darauf drängen, dass auch unbequeme Themen
aufgegriffen werden.

Nun aber möchte ich überleiten zu den Ausführungen von Herrn Baron. Er wird nach dem nächsten
Musikstück – quasi von höherer Warte – die Finanzlage der Kommunen beleuchten. Am besten nennen
Sie uns ein Rezept, wie der Kuchen wieder größer zu machen ist. Viele, die sich in der Kommunalpolitik
engagieren, wären sicher dankbar, wenn ihre Arbeit weniger von Sparzwängen bestimmt wäre.

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